Das Wort bestia kommt aus dem Lateinischen und bedeutet wildes Tier. Der Ausstellungstitel bezieht sich auf diesen ursprünglichen Wortsinn und nicht etwa, wie man annehmen könnte, auf das Genre „Horror“. Im Zentrum steht das Tier, oder der Tiermensch als Mischwesen, wobei das Tier dazu dient, die menschlich animalischen Seiten, das Unbeherrschte und Triebhafte zu spiegeln. Rahel Meisel weitet das Thema aber noch weiter aus, indem sie das Tier dämonisch auflädt, wie an Spinnenwesen und Chimären sichtbar wird, die Bildern Hieronymus Bosch entsprungen sein könnten. Zudem fallen Referenzen an Goya auf, wobei die Kleinformate in ihrer Kleinteiligkeit an mittelalterliche Buchkunst erinnern und damit einmal mehr auf das Mittelalter verweisen. Interessierten
Rahel Meisel in der Vergangenheit vor allem mythologische Szenen und die klassische
Ikonografie, so entfernt sie sich immer mehr davon und betrachtet das Thema
„Bestia“ dezidiert als Realität und als Urprinzip von dem
aus sie sich die Welt erklären kann. In einem Gespräch sagte sie:
„Ich habe das Gefühl, mein Thema wird immer aktueller. Erst war
das nur so eine Vermutung, aber heute bin ich mir fast sicher: Der Mensch
ist kein kultiviertes Wesen.“ Das beobachte sie im täglichen Miteinander
und auch in den Medien. Casting-Sendungen übernehmen die Funktion früherer
Gladiatorenkämpfe. Tränen, das Blut der Seele, ersetzt reales Blut
und jene Sender, die versuchen den kultivierten Menschen anzusprechen, werden
subventioniert. Was sich trägt sind Filme über Gewalt, Machtkämpfe,
Porno. „Die Affirmation würde vieles vereinfachen. Wenn ich ein
Tier male, dann ist das ein Statement, ein erster Schritt in Richtung Wahrheit.“
Entsprechend könnte die Weiblichkeit, die Rahel Meisel malt, als eine
entwickelte Form des Feminismus betrachtet werden: Es ist keine vermännlichte,
noch ist es eine überschaubare, gefällige Weiblichkeit, die sie
zeigt, sondern wie in dem winzigen Tondo „Maneater“ schon angedeutet
wird, kennen ihre "Weibchen" ihre Triebe und Instinkte genau. Wurde
Frauen früher die Vernunft abgesprochen, so spricht Rahel Meisel sie
allen Menschen ab. Kant hätte sich im Grab umgedreht, den Menschen mehr
als 200 Jahre nach seinen Lehren, in eine mit Schlangen und anderen primitiven
Seinsformen gesetzte Perspektive und Deutung wiederzufinden. |
Rahel Meisel Exhibition:: 10.10-06.11.2010 Rahel
Meisel: Maneater, Eitempera auf Holz, 2010 |
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