Johannes Tiepelmann Allerseelen Opening:
19. Nov : 19 h
|
||
Allerseelen Dem Abt Träume und Visionen zu verschweigen, war in Cluny, dem mächtigsten Kloster des Mittelalters, unter Strafe verboten. Träume wurden sehr ernst genommen und so kam es, dass die Vision des Mönchs Jotsald, der Dämonen sah, die zur steten Erneuerung der Qualen im Feuer tätig waren, während die gequälten Seelen beteten, nach Barmherzigkeit riefen und schließlich gerettet wurden, zu einem neuen Fest am Tag nach Allerheiligen führte: Allerseelen. Wurde bis dahin schon ein intensiver täglicher Totenkult für die Mönche Clunys vollzogen, so galt dieses Fest nun allen Verstorbenen. Die Idee des Purgatoriums , dem schmerzlichen Vorort zum Himmel, war geboren. Thomas von Aquin transportierte in der Ära der Scholastik die Existenz des Fegefeuers in den Volksglauben, indem jene Seelen, die mit verzeihlichen Sünden befleckt sind, nach ihrer Trennung vom Körper in ein Feuer kamen, das die Sünden aus der Seele ausglüht. Nach dieser Läuterung, erhält die Seele einen Leib zurück und kann gereinigt in den Himmel aufsteigen. An Allerseelen wird für eine zeitliche Verkürzung des Aufenthalts der Seelen im Fegefeuer gebetet. Die Idee der Reinigung durch Feuer, war schon vor zwei Jahren ein Thema von Johannes Tiepelmann, als er eine Ausstellung im Jahr 2008 „Katharsis“ nannte und tatsächlich ist das Element des Feuers, das Ikonografisch für das Element der Leidenschaften steht, ein Thema, das sein gesamtes Werk bestimmt. Viele Gemälde der zeitgenössischer Kunst fangen mit der Darstellung von Lethargie, Ohnmacht, (freiwillige) Nivellierung, Kontrolle und Handlungsunfähigkeit, den Geist des Posthistoire ein. Das Posthistoire ist grau und verströmt eine aporische Stimmung, die an keine erfolgreiche Revolution mehr glaubt. Es ist apolitisch, denn nichts ist durch den Einzelnen mehr veränderbar. Es verkörpert den Ist-Zustand einer häufig gelebten Separation durch ein „Second Life“, eine Ferne von Unmittelbarkeit und einer ummauerten Seele, die funktioniert „als ob“ sie lebe. Johannes Tiepelmann schafft dagegen mit jedem Bild eine Hommage an die Seele. Die Bilder überwinden das Posthistoire als eine stille Rebellion des Subjekts. Weder die Urgründe der Seele, noch politische Anspielungen sind länger Bildtabus. Entsprechend bunt und lebendig sind seine Werke, die selbst in der Trauer und im Schmerz, eine Stärke und Kraft repräsentieren, die keine Ausweglosigkeit, sondern eine Kultur der Leidenschaften zeigt, in der jede Leidenschaft zum Leben mit dazugehört und nur derjenige verloren ist, der seine Seele nicht riskiert. Die
Überwindung der posthistorischen Malerei, die vor allem von kunsthistorischen
Rückbezügen geprägt ist, zeigt sich bei ihm aber auch formal:
Vor den Bildern wird eine mediale Zeitgenossenschaft „spürbar“,
die zunächst nicht „sichtbar“ ist, denn seine Bilder
geben nicht vor etwas anderes als Malerei zu sein. Sie gleichen sich den
Neuen Medien piktoral in keiner Weise an und doch schreien die Neuen Medien
förmlich aus seinen Werken. Erst bei näherem Betrachten fallen
dosiert gesetzte Motivzitate aus Filmen auf, die nur assoziativ übersetzt
und derart in das Gesamtgefüge eingeschmolzen sind, dass sich die
Quellen nur mehr erahnen lassen. Die Beiläufigkeit der Zitate steht
für ein emanzipiertes mediales Bewusstsein, das die Neuen Medien
weder bewusst betont, noch negiert. Der Paragone-Streit ist in seinen
Bildern spielerisch überwunden, doch die Erlösung der Seele
erfolgt erst nach dem Sprung ins Fegefeuer. So let`s Jump Inside... |
||