Inka Perl 1974 geboren in Leipzig,  studierte bis 2002 Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Prof. Bühler, 2004 erhielt sie ein Projektstipendium des sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst seitdem finden jährlich Ausstellungen, Performances und Screenings von ihr statt, zudem ist sie im Bereich Soundkunst tätig. 

Glaube und Glitter

Inka Perl ist eine Ikone. Sie schlüpft in Rollen und inszeniert sich wahlweise als Maria, Schutzengel oder Sterntaler. Die Rollen sind mehr als nur Verkleidungen, sie verweisen, so die Künstlerin auf Stimmungen: Maria etwa auf das kontemplative-, der Engel auf das sehnsuchtsvolle Moment. Im Zentrum der kommenden Ausstellung geht es aber weniger um Selbstinszenierung, die Künstlerin streut stattdessen – als Stellvertreter der Rollen - Reliquien und Botschaften, die in kleinen angefertigten „Reliquienschreinen“  präsentiert werden, sich aber jeder Eindeutigkeit entziehen; vielmehr zeigen sie eine Symbolwelt auf, die sich zwar klassischer Symbolik bedient, aber wie bei einem Kaleidoskop neu zusammenwürfelt wurde. Das Ergebnis ist eine persönliche Ikonographie, die Assoziationen hervorruft, sie aber gleichzeitig hermetisch verschlüsselt. Die Ummantelung der goldenen Kästen verleiht den Objekten die Aura des „Heiligen“, des „Sakralen“, des „Verzauberten“ und tatsächlich sind sie eine Verstofflichung der erwähnten Momentaufnahmen, die sich durch die eklektische Zusammensetzung der Objekte als „gemischte“ Stimmungen äußern. Die Schreine fungieren darüber hinaus als Fenster zu Welten, die hinter den Rollen stehen: Und das ist abendländische und deutsche Kulturgeschichte, deutsche Märchen, die Heilsgeschichte, Geistesebenen und Metaerzählungen, die das Diesseits von jeher versüßten - es zumindest erträglicher machten!

Die Worte, Wortfetzen und Wortverdreher tasten nach einem Sinn, bleiben dabei aber sinnoffen. Das Wort oder die Aussage tritt nie vor das Bild und dessen visuelle Funktion und doch scheint sie Glaubenssätze zu hinterfragen, so erhält etwa

Ernst Blochs „Prinzip der Hoffnung“, durch den kleingeschriebenen Zusatz, „das im PRINZIP keine HOFFNUNG mehr erlaubt ist“ nicht nur eine Umkehrung, sondern wirft die Frage auf, was für eine Madonna Inka Perl ist, die postuliert, dass die Hoffnung (eine der göttlichen Haupttugenden) im Prinzip verboten und damit verloren ist. Eine Madonna der Postaufklärung, die die Brüche der Moderne kennt?

Verräterisch sind die Ornamente, die einen dritten Werkstrang bilden. Sie leitet die abstrakte Kunst malerisch vom Ornament her und abgesehen der gemalten Stilfrage Alois Riegls, wird deutlicher, dass sich Inka Perls Gesamtwerk auf einer abstrakten Ebene bewegt. Aber es gibt keine reine Abstraktion. Selbst Jackson Pollock ging vom Gegenstand aus. Und demnach hat jede Abstraktion ihr Geheimnis und ein Geheimnis ist dazu da, entschlüsselt zu werden. 

Was bei den Inszenierungen - auch der Objekte – bedeutet, dass Künstler angewiesen auf das Leben, die Menschen, sie brauchen stoffliche oder abstrakte Fundstücke, Musen, Leidenschaften, Geschichten – die sie auf ihre Arbeit projizieren können. Künstler sind Medien. Inka Perl unterstreicht diese mediale Rolle des Künstlers unter dem Deckmantel Mariens, des Schutzengels und Sterntalers, aber die Medialität des Künstlers an sich ist ihre eigentliche Botschaft, sie ist bezogen auf die Kunst und damit selbstreferentiell.   


Lu Potemka 

Inka Perl

Die erträgliche Schwere des Scheins

Mixed Media

Opening: 17. Februar 2012, 19 h

Exhibition: 18. 02. - 17. 03. 2012

Potemka Contemporary Art . Aurelienstraße 41 . 04177 Leipzig . Tel.: 0172 - 346 06 57 . post@potemka.de . open: Tue - Fri: 14.00 - 18.00 . Sat. 11.00 - 16.00