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Monstren am see

Seungjoo Lee: Monstren am See (4. vo 4), 100 x 80 cm, Öl auf Leinwand 2022
"(Un-) Möglichkeit


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Seungjoo Lee

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Malerei
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Vernissage: Freitag. 22. 3.. 2024, 18 h
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Ausstellung: 26. 03. 2024 - 05.. 05. 2024
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Seungjoo Lee ist 1991 in Seoul in Südkorea geboren. Nach dem dort obligatorischen Militärdienst zog es ihn nach Deutschland und nach Leipzig mit dem Ziel, Malerei zu studieren. Er absolvierte 2022 bei Prof. Christoph Ruckhäberle an der HGB mit dem Diplom für Malerei.


Es ist nicht möglich, dass ich dich verstehe...


In seinen Bildern positioniert Seungjoo Lee blaue und rote menschliche Figuren als Staffagen vor und in die Stadtlandschaften Leipzigs -„Monstren“ nennt er seine (Un-) Möglichkeit“ andere zu verstehen, auch wenn wir es versuchen.“ Doch wie oft kommt es zu diesem Versuch? Interesselosigkeit und mangelndes Mitgefühl spielen eine exponierte Rolle im urbanen Miteinander. Die Anonymität der Menschen wird durch ihre Zweidimensionalität hervorgehoben, die im Gegensatz zur räumlichen und sorgfältigen Wiedergabe architektonischer Details steht. Die Orte sind bestimmbar, aber nicht die Personen. Seungjoo verweist in einem persönlichen Gespräch über seine Beobachtungen auf der Straße hinaus, auf jene in Social Media-Kanälen, in denen zwar der Eindruck entstünde, einander besser kennenlernen zu können, doch wer wir wirklich sind, geht in dem Zwang, Individualismus zur Show zu stellen, unter. In den Multimedia-Accounts zeigt sich das Bemühen der Einzelnen, aus der Masse herauszustechen, doch in der Anstrengung anders sein zu wollen, gleicht die Mehrheit sich wiederum an: Konsum, Erfolg, Positivität, bestimmte zugelassene Meinungen innerhalb der Communities, wiederkehrende Motive, Frisuren, Posen, Mimik bewegen sich innerhalb mehr oder weniger augenscheinlicher Skalen,
In seinen Interieurs, die das persönliche Umfeld zeigen, bleibt die blaue und rote Farbigkeit des Inkarnats bestehen, aber die Figuren rücken näher, werden persönlicher und sind in ihrer Tonalität ausgearbeiteter als jene Körper in den urbanen Landschaften. Auch hier liegt allerdings der Fokus auf Alltagsgegenständen, die fast fotorealistisch abgebildet werden, Auch in diesen persönlicheren Bildern ist selten ein Gesicht zu sehen. Eine Ausnahme in der Ausstellung bildet ein Porträt das dem Betrachter zugewandt ist und sogar Augen hat, Seungjoo Lee spricht hierbei von einem ganz spezifischen Menschen aus seiner Militärzeit, der sich von den anderen Kameraden stark unterschied und deshalb nicht Ernst genommen und sogar belächelt wurde. Er sagte: „die Mehrheit hielt ihn für dumm, aber auf den Punkt machte er präzise Beobachtungen über dahinter liegende Wahrheiten“ und sensible Beobachter erlebten einen sehr individuellen Charakter mit einem ganz eigenen Weltzugang. In einer Dorfgemeinschaft würde so eine Individualität gegebenenfalls mitgetragen, aufgefangen und toleriert werden, aber in einer Stadt hat so eine Persönlichkeit kaum eine Chance, denn sie fällt durch das Raster der Norm und wird ausgeschlossen. Massenkompatibilität, Berechenbarkeit und Steuerbarkeit prägen den Zugang zum exklusiven Club der zweidimensional gestalteten Figuren, die so tun als ob sie individuell seien, wobei ihr Individualismus nur eine Attitüde ist, Eine individuelle Persönlichkeit läuft dagegen Gefahr, dass der Arzt oder die Polizei gerufen werden. Insofern ist die Kritik der mangelnden Empathie, der Gefangenschaft innerhalb vorgegebener Skalen, auch eine Kritik an der städtischen Gesellschaft, die in ihrer Rationalität, keine Verbundenheit und kein Gefühl der Menschlichkeit entwickelt, Die Bilder beschäftigen sich mit Toleranz, mit der Aufforderung „zu verstehen, dass wir einander nicht verstehen können.“ Sich dies zu vergegenwärtigen, öffnet neue Portale eines natürlichen Miteinanders.

(Lu Potemka)




Wir können was verstehen?


Wir leben immer im „Gerade Jetzt“. „Gerade Jetzt“ ist etwas, das endlos vergeht. Wir übergeben das nächste „Gerade Jetzt“, um das jetzige „Gerade Jetzt“ zu erkennen. Das bedeutet, während wir das „Gerade Jetzt“ verstehen, vergeht „Gerade Jetzt“. Wir haben nicht die zeitliche Kapazität, „Gerade Jetzt“ zu verstehen.Zeitlichkeit ist das erste Maß, das Räumlichkeit beweist. Das heißt, wir besitzen weder die zeitliche, noch die räumliche Kapazität, um „Gerade Jetzt“ zu verstehen. Wir, die immer im „Gerade Jetzt“ leben, haben weder Zeit, noch Raum für dieses Verständnis. Wenn ich sage, dass ich dich verstehe, deutet das auf ein Spiel der Vorstellung hin. Ich stelle mir vor, was dein Körper im „Gerade Jetzt“ fühlt. Wenn ich sage „ich verstehe dich,“ nutze ich dieEmpfindungen meines Körpers, um deinen Körper nachzuempfinden. Ich stelle mir deine Freude und dein Leid vor, deine Sinnlosigkeit, deine Demütigung, deine Wut und deinen Trost, deine Ruhe und deine Unruhe. Der verständnisvollste Mensch ist derjenige, der sich am meisten vorstellt. Aber die Vorstellungskraft dieser Person kommt trotz ihrer nachdenklichsten Vorstellungskraft, wegen ihrer nachdenklichsten Vorstellungskraft, nicht umhin, zu folgender Erkenntnis zu gelangen: „Aber dein Körper und mein Körper sind unterschiedlich. Deshalb kann ich mir dich nicht vollständig vorstellen.“ Wir haben weder Zeit noch Raum, noch nicht einmal den Körper, oder sonst ein Maß für Verständnis. Was können wir verstehen, wenn wir keine Zeit, keinen Raum und keinen Körper haben? Es ist unsre Unfähigkeit! Wir sind körperlich, zeitlich und räumlich unfähig einander zu verstehen. Aber diese, unsre Unterschiede und unsere Unfähigkeiten, sind unsre Homogenität. Wir sind insofern gleich, als wir unterschiedlich sind, und wir erlangen in der Tatsache die Fähigkeit, uns ineinander hineinzuversetzen, dass wir alle unfähig sind. Mit anderen Worten: wir können verstehen, dass wir einander nicht verstehen können. Die roten und blauen Körper weisen auf diese gemeinsame Unmöglichkeit hin. Aber hier in dieser Unmöglichkeit, ergibt sich eine Möglichkeit: ich (verstehe. Es ist nicht möglich, dass ich dich) verstehe.

(Seungjoo Lee)


Vita:

1991 in Seoul, Südkorea geboren, lebt und arbeitet in Leipzig

Ausbildung

2022 Diplom Malerei/Grafik in der Klasse von Prof. Christoph Ruckhäberle, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig

Einzelausstellung

2022 Rotes (oder blaues) Monstrum, Galerie Poiesis, Markkleeberg

Gruppenausstellung (Auswahl)

2023 Soft Crush, Kunstverein Aalen
2023 No_Parents, Salon Similde, Leipzig
2022 Morobito Kozorite, Galerie Poiesis, Markkleeberg
Labyrinth, Kunsthalle Pfaffenhofen an der Ilm
Das kalte Herz, Galerie Markt Bruckmühl 
2021 Fernweh, Galerie Poiesis, Markkleeberg 
2019 School’s Out!, Thaler Originalgrafik, Leipzig





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